Diplomarbeit

Thema: Anwendung des Netzgenerators WinTUBE2D mit SOFiSTiK


 

Referent : Prof.Dr.-Ing. K.Schikora

Verfasser :Ralph Wacker
 

Ziel der Diplomarbeit

Durch den Einsatz von immer leistungsfähigeren Computern hat sich die Finite Element Methode als eine äußerst effektive Berechnungsart in allen Bereichen der Baustatik durchgesetzt. Die Zerlegung des gesamten Tragwerks in ein Netz aus strukturgleichen Teilgebieten ist dabei für den berechnenden Ingenieur äußerst aufwendig und zeitintensiv. Deshalb wurden verschiedene Eingabehilfen für die jeweiligen Softwarepakete entwickelt. SOFiSTiK bietet bisher MONET als allgemeines grafisches interaktives Programm zur Eingabe von statischen Systemen undTUNARS zur Generierung von Tunnelsystemen für die Stabzugberechnung an. Beide Module eigenen sich aber nur begrenzt für eine FEM-Netz-Generierung für Tunnelbauberechnungen. Deshalb begann Herr Dipl. Ing. Filus vor einigen Jahren mit der Entwicklung des grafisch interaktiven Netzgenerators WinTUBE für Tunnelberechnungen, welcher heute von der Firma Fides DV-Partner vertrieben wird. Bisher ist das Programm in drei Ausbaustufen -für Stabzugberechnungen, für zwei-dimensionale FE-Berechnungen und für dreidimesionale FE-Berechnungen-erhältlich. 

Ziel meiner Diplomarbeit ist es, die Anwendungsmöglichkeit von WinTUBE2D anhand von konkreten Tunnelprojekten zu testen.

Inhalt und Aufbau der Diplomarbeit

Meine Diplomarbeit läßt sich grob in zwei Teile untergliedern. Im ersten Teil werden die theoretischen Grundlagen der folgenden Tunnelberechnungen erläutert. Dabei gehe ich kurz auf das Grundprinzip der Finiten Element Methode ein, erkläre geomechanisches Materialverhalten, beschreibe mögliche Berechnungsmodelle zur Simulation des Vortriebsgeschehens und biete einen kurzen Überblick über die von mir verwendete Software von SOFiSTiK und WinTUBE an.

Im zweiten Teil habe ich drei vollständige Tunnelberechnungen durchgeführt. Das Profil des ersten Tunnels – Hofbergtunnel in Landshut – weist keine Besonderheiten auf und stellt damit den allgemeinen Fall dar. Im zweiten Beispiel habe ich die Anwendbarkeit von WinTUBE2D für einen symmetrischen Doppelröhrentunnel- U-Bahn Linie U2 in München getestet. Als Drittes diente mir ein Querschnitt im Bereich der Pannenbuchten des Farchant Tunnels dazu, einen Ulmenvortrieb zu simulieren. 


Verwendete Software

1. Die SOFiSTiK-Kette

Die Firma SOFiSTiK GmbH entwickelt und vertreibt Software für den Ingenieurbau mit besonderem Schwerpunkt für den Bereich der Tragwerksplanung. Dabei erfolgt die Lösung anspruchsvoller Ingenieuraufgaben über die Verwendung verschiedener Programmodule, welche jeweils einzelne Teilschritte einer statischen Berechnung übernehmen. 
Jedes Programm der SOFiSTiK-Kette erwartet zur Steuerung der Programmoptionen und zur Definition des Problems Eingabsätze, welche im sogenannten CADINP-Format über einen ASCII-Eingabe-Editor (z.B. Teddy) eingegeben werden. Das Programm liest die Eingabesätze, überprüft sie und legt die notwendigen Systemdaten in einer Datenbasis CDBASE, dem Kernstück der Programmkette ab, wo sie dann im Rahmen der Berechnungen ausgetauscht werden. 

2. WinTUBE - Netzgenerator für den Tunnnelbau

Das Programm WinTUBE bietet dem Ingenieur ein schnelles und komfortables Werkzeug, Tunnelquerschnitte und das entsprechende FE-Netz grafisch interaktiv mit Hilfe einer Windows-Oberfläche zu generieren. Aus einer zweidimensionalen geometrischen Beschreibung eines Systems erzeugt es Eingabesätze im CADINP-Format, welche dann im GENF-Modul der SOFiSTiK-Programmkette aufgerufen werden. Zusätzlich können allgemeine Lasten sowie Lasten aus Wasser-, Quell- und Erddruck anhand von entsprechenden Eingabemasken generiert werden. Die erzeugten Datensätze können wieder eingelesen und auch manuell weiterbearbeitet werden. Je nach Ausbaustufe läßt sich ein System als Stabzug, als zweidimensionales FE-Modell oder aber durch Extrudieren des 2D-Querschnitts als dreidimensionales FE-Modell darstellen und berechnen.



Berechnungsbeispiele

1. Allgemeiner Fall - Hofbergtunnel in Landshut

Eingabe des Systems mit WinTUBE
Jede FEM-Netzgenerierung mit WinTUBE beginnt mit der Beschreibung der Grundgeometrie der Tunnelröhre. Zur Verfügung stehen Bogenstücke, die durchKrümmungsradien und Öffnungswinkel definiert werden. 
Mit der Funktion Stab Neu à Kreisbogen à Bogen an Bogen werden diese aufeinanderfolgenden Bögen entgegen dem Uhrzeigersinn eingegeben. WinTUBE zerlegt dabei jeden einzelnenBogen in eine sinnvolle Anzahl an von Stäben. Je kleiner der Krümmungsradius ist, desto kleinere Stablängen und damit größere Anzahl an Stäben werden vorgeschlagen. Da die Größe der einzelnen QUAD-Elementendes später generierten Netzes von dieser Stablänge abhängig ist, läßt sich dadurch die Feinheit des automatisch generierten Netzes steuern.
Nach der Eingabe des halben Tunnelprofils bietet das Programm eine symmetrische Ergänzung an. Durch die Angabe einer Überdeckung von 13.00 über dem First wird ein FEM-Netz des gesamten Systems automatisch generiert. In diesem Beispiel beträgt die Abmessungen des gesamten Elementnetzes 97,22m Breite und 36.34m Höhe. Damit hat es beidseitig eine horizontale Ausdehnung von dem dreifachem Tunneldurchmessern und eine vertikale Ausdehnung nach unten von dem ca. 1,5-fachem Tunneldurchmesser. Für WinTUBE stellt die Eingabe einer Überdeckung das Signal zur automatischen 2D-Netzgenerierung dar. Bei einer Stabzugberechnung dürfte keine Überdeckung eingegeben werden.

Die Seitenverhältnisse Breite zu Höhe der einzelnen Elemente schwanken zwischen 1 : 1 in sensiblen und 1: 3.5 in entfernteren Bereichen. Die Feinheit des Netzes nimmt in Richtung des Ausbruchsquerschnitts zu und die Elemente sind entsprechend dem zu erwartenden Spannungsverlauf angeordnet. 

Seitliche Randpunkte werden mit einem einwertigen Auflager in X-Richtung und die unteren Randpunkte mit einem einwertigen Auflager in Y-Richtung versehen. Die beiden unteren Eckpunkte haben demzufolge ein zweiwertiges X-Y-Auflager.

Nach der Generierung der Außenschale und des FE-Netzes wird die Innenschale mit der Funktion Stab àParallel erzeugt. Durch die Eingabe eines Abstandes von 0.30 m (entspricht dem Abstand der Mittelachse der Außen – zur Innenschale)und dem E-Moduls des verwendeten Betons von 25e6 kN/m²generiert WinTUBE einen in der Spritzbetonaußenschale kontinuierlich gebetteten Stabzug auf die Schaleninnenseite.

 

 

 

 


 
 
 
 
 
 
 

2. Ein Doppelröhrentunnel – U-Bahn-Tunnel der Linie U2 in München

Eingabe des Systems mit WinTUBE
Analog dem ersten Beispiel´Hofbergtunnel´ wird zuerst die Außenschale als Stabzug mit den FunktionenStab Neu à Bogen an Bogengeneriert. Die Radien- und Winkelfolge wird demRegelquerschnitt eines eingleisigen Vortriebs entnommen und auf die Mittelachse der Außenschale bezogen. Durch die Eingabe einer maximalen Stablänge läßt sich auch hier die Feinheit des Netzes steuern. Kleine Stäbe haben ein engmaschigeres und somit auch rechentechnisch aufwendigeres Netz zur Folge. Die Anzahl der Stäbe kann auch aus Gründen der Programmierung nicht beliebig klein sein, was bei einer folgenden 3D-Berechnung durchaus sinnvoll wäre. Nachdem ich im ersten Beispiel festgestellt habe, daß die Voreinstellung lmax = 0.7m sinnvoll ist, habe ich sie hier auch beibehalten. Nach der symmetrischen Ergänzung des Stabzugs und Eingabe der Überdeckung von 19.0m generierte WinTUBE ein FEM-Netz um den ersten Tunnel. Einen symmetrischen Doppelröhrentunnel erhält man nun durch eine horizontale Spiegelung des Netzes. Zunächst löscht man alle Knoten (und damit auch alle angrenzenden Elemente) rechts (oder auch links) des Ausbruchprofils und spiegelt mit der Funktion Knoten à Spiegeln die verbleibenden Knoten horizontal an einem eingefügten Knoten auf der Symmetrieachse des Gesamtsystems. Dabei ist zu beachten, daß gespiegelte Stäbe einen anderen Umlaufsinn haben, was besonders bei der späteren Betrachtung der Schnittgrößen in den Stäben zur Verwirrung führen kann. Dies soll in einer der nächsten WinTUBE-Version aber automatisch korrigiert werden. 



 

 

 

 


 
 
 
 
 
 
 

3. Ein Ulmenvortrieb - Farchant Tunnel

Eingabe des Systems mit WinTUBE
Die Eingabe des Grundsystems erfolgt auch hier entsprechend den beiden vorherigen Beispielen. Nach der Eingabe der Radienfolge für den Tunnelquerschnitt generiert WinTUBE automatisch das gesamte FE-Netz. Nun beginnt der etwas aufwendigere Teil der Vernetzung bei einem Ulmenvortrieb. Hintergrund ist der, daß nach jedem Teilausbruch sofort eine Spritzbetonsicherung eingebaut wird und deshalb entsprechende Stabzüge entlang der Ausbruchsleibungen generiert werden müssen. Praktisch löscht man erst einmal alle Elemente innerhalb des Tunnelprofils, um dann entsprechend der Geometrie der vorgeschriebenen Ausbruchsfolge die Stäbe der inneren Spritzbetonsicherungen zu generieren. Dazu bietet WinTUBE die Funktion Stäbe_Neu à -à Kreisbogen à Bogen zwischen Punkten. Anhand der Anfangs- und Endpunkte sowie eines vorher bestimmten Stichs oder eines Radius werden so die Stabzüge eingebaut. 
Dadurch, daß das FE-Netz innerhalb des Ausbruchsprofils über die Knoten der Außenschale mit den außenliegenden Elementen verbunden ist, ist die Netzfeinheit also schon vorbestimmt und der Anwender muß sich Gedanken machen, wie das innenliegende Netz in etwa aussehen soll und wieviele Stäbe dabei bei den Innensicherungen notwendig sind. Ziel ist es ein Netz zu bekommen, bei dem alle Knoten mit den entsprechenden Elementen verknüpft sind und somit kein Knoten unberücksichtigt bleibt.
Nach der Erstellung der Stabzüge können wiederum mit der Funktion Netz à Vierecksnetz Teilbereiche im Ausbruchsprofil vernetzt werden.


 

 

 

 


 
 
 
 
 
 
 



 

 

 

 


 
 
 
 
 
 
 

Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen meiner Diplomarbeit habe ich nun den Netzgenerator WinTUBE2D an drei unterschiedlichen Tunnelprojekten getestet. Dabei hat sich das Tool als sehr komfortabel und effektiv herausgestellt. Besonders erfreulich war die Schnelligkeit und Einfachheit mit der sinnvolle FE-Netze für zweidimensionale Tunnelberechnungen anhand simpler Funktionen grafisch interaktiv generiert werden konnten. Damit bietet das Programm die Möglichkeit bei wechselnden Bedingungen mehrere notwendige Querschnitte schnell berechnen zu können oder aber mit vertretbarem Aufwand verschiedene Varianten der Konstruktion zur technischen und wirtschaftlichen Optimierung der Tragwerksplanung untersuchen zu können. 

Kleinere, noch in meiner Version 1.00.0039auftretende praktische Unzulänglichkeiten, wie beispielsweise die Tatsache, daßkeine Arbeitsschritte wieder rückgängig gemacht werden können, werden sukzessive im Rahmen der kontinuierlichen Weiterentwicklung durch Herrn Dipl. Ing. Filus eliminiert. 

Mittelfristig soll die gesamte Funktionalität von WinTUBE2D durch WinTUBE3D übernommen werden. Neben der Möglichkeit des direkten Einlesens einer *.cdb-Datei soll dabei ein „Ausbruchsfolgenassistent“ integriert werden, mit dem eine komplette *.dat-Datei für die Berechnung mit SOFiSTiK erstellt werden kann. 

Langfristig soll der Netzgenerator font2D eingebaut werden, welcher eine Netztgenerierung für freiere Strukturen ermöglicht.